Anti Blockier System Bremse Rad

Funktionsweise eines Anti Blockier Systems

Seit der Einführung des Anti Blockier Systems für Bremse und Druckluftbremse von Kraftfahrzeugen hat sich die Fahrsicherheit in vielen kritischen Situationen, wie bei Geschwindigkeitsüberschreitung, Missachtung der Rechts vor Links Regelung oder rutschigen Fahruntergründen deutlich erhöht. Bevor es beim Auto zum Einsatz kam hatte sich das Anti Blockier System bei Flugzeugrollwerken schon jahrelang bestens bewährt. Auch moderne Züge verfügen heute über ein Anti Blockier System, das aber geringfügig anders arbeitet, als bei einem Auto. Für Motorräder gibt es heute ebenfalls ein Anti Blockier System.

Wann arbeitet das Anti Blockier System?

Unterhalb einer bestimmten Mindestgeschwindigkeit bleibt das Anti Blockier System in der Regel ausgeschaltet. Wie hoch diese Mindestgeschwindigkeit ist, kann von Hersteller zu Hersteller verschieden sein. Im Allgemeinen liegt sie jedoch bei herkömmlicher Druckluftbremse zwischen 4 und 10 km/h, gemessen an der Raddrehzahl.

Ohne ein Anti Blockier System würde das Fahrzeug, bei beispielsweise Vollbremsungen, nicht mehr auf die Lenkung reagieren. (c) iStock.com / ViktorCap

Anti Blockier System Lenkrad Amaturenbrett

Ist die Mindestgeschwindigkeit überschritten, beginnt das Anti Blockier System zu arbeiten. So lange die Bremse nur mit leichtem Bremsdruck arbeitet, greift die Regeleinheit beim Bremsdruck nicht ein, sondern überwacht nur die Raddrehzahl. In allen Situationen, wo ein oder mehrere Räder anfangen zu blockieren, beginnt die Regeleinheit zu arbeiten und lockert entsprechend den Bremsdruck. Damit bleibt das Fahrzeug auch bei einer Vollbremsung lenkbar, was bei blockierenden Rädern nicht der Fall wäre. Ohne Anti Blockier System würde das Fahrzeug nicht mehr auf die Lenkung reagieren.

Merke

Das Anti Blockier System – beziehungsweise die Regeleinheit – arbeitet also immer nur dann, wenn das Blockieren der Räder, beispielsweise auf rutschigem Untergrund, droht oder ein zu hoher Radschlupf beim Bremsen auftritt.

Der Bremsschlupf

Der Bremsschlupf (Radschlupf beim Bremsen) ist nach technischer Definition die Verkürzung des Abrollweges eines Rades im Vergleich zum zurückgelegten Weg des Fahrzeugs. Konkret bedeutet das: Wenn ein Fahrzeug abgebremst wird, legen die Räder durch den Bremsdruck weniger Abrollweg zurück, als das Fahrzeug Weg auf der Straße zurücklegt. Das nennt man Radschlupf.

Die Wirkung von Bremse oder Druckluftbremse ist bei gleichbleibendem Bremsdruck abhängig vom Radschlupf. Je höher anfangs der Radschlupf, desto besser zunächst die Bremswirkung. Ab einem Radschlupf von etwa 25 % vermindert sich die Wirkung von Bremse oder Druckluftbremse aber wieder. Die Raddrehzahl ist in diesem Fall zu niedrig.

Hier greift nun die Regeleinheit beim Anti Blockier System ein und reduziert den Radschlupf, sodass wieder die optimale Verzögerungswirkung von hydraulischer oder Druckluftbremse erreicht wird. Der Eingreifbefehl für das Anti Blockier System wird von der Regeleinheit dann gegeben, wenn eine einzelne Raddrehzahl im Vergleich zu den anderen signifikant abfällt.

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Komponenten beim Anti Blockier System und ihr Zusammenspiel

Ein modernes Anti Blockier System ist an jedes Rad einzeln angeschlossen. Frühere Anlagen steuerten noch den Bremsdruck für die Hinterräder zusammen.

Die Kontrolle von Raddrehzahl und Radschlupf erfolgt über sogenannte Induktionsgeber an jedem einzelnen Rad sowie einem ebenfalls dort angebrachten Inkrementenrad, das sich mit den Rädern dreht. Die ermittelte Raddrehzahl wird permanent an eine zentrale Regeleinheit im Anti Blockier System weitergemeldet, die Raddrehzahl und Radschlupf komplett überwacht. Die Magnetspule im Inneren des Induktionsgebers erzeugt ein Magnetfeld. Wird das Inkrementenrad durch die Raddrehzahl in Bewegung versetzt ändert sich das Magnetfeld entsprechend der Raddrehzahl in charakteristischer Weise und eine Wechselspannung wird induziert. Aus der Höhe der Spannung kann das Anti Blockier System bei bekanntem Abstand zwischen Magnetspule und Inkrementenrad sehr einfach auf die Raddrehzahl und zu hohen Radschlupf schließen.

Neben modernen PKW-Bremssystemen für mehr Energieeffizienz gibt es auch moderne ABS-Systeme, die – auch bei der Druckluftbremse – für die Messung von Raddrehzahl und Radschlupf bereits Hallsensoren verwenden. Hier findet die berührungslose Ermittlung von Raddrehzahl und Radschlupf über den Sensor auf elektronischem Weg statt, ohne dass eine Spule verwendet werden muss.

Die Regeleinheit beim Anti Blockier System

Die zentrale Regeleinheit beim Anti Blockier System empfängt Raddrehzahl und Radschlupf der einzelnen Räder, vergleicht sie miteinander und gibt danach Steuerungsbefehle. Diese werden bei zu hoher Raddrehzahl an zwei Magnetventile weitergeleitet, die in der zum Rad führenden Druckleitung (Bremsleitung) eingebaut sind. Die beiden Ventile haben eine jeweils unterschiedliche Funktion. Die Regeleinheit kann etwa 10 Steuerungsbefehle pro Sekunde ausgeben. Bei Motorrädern ist die Regeleinheit leistungsfähiger und gibt bis zu 15 Steuerungsimpulse pro Sekunde aus.

Funktionsweise einer Bremse am Rad (c) iStock.com / Stefan Weichelt

Anti Blockier System Bremse Rad

Im ersten Arbeitsschritt wird am betroffenen Rad, dessen Raddrehzahl zu weit gesunken ist, das erste Magnetventil aktiviert, das die Bremsleitung sperrt. Dadurch wird der Bremsdruck innerhalb der Bremsleitung und der Radschlupf vermindert. Reicht diese Maßnahme nicht aus, kann über das zweite Ventil seitlich Bremsflüssigkeit ausgelassen werden. Dadurch sinkt der Bremsdruck am jeweiligen Rad noch weiter, der Radschlupf verringert sich. Das Rückpumpen der Bremsflüssigkeit vom Anti Blockier System über eine Rückförderpumpe beim vom Regeleinheit vermindertem Bremsdruck wird als Rütteln und Stottern („automatische Stotterbremse“) wahrgenommen. Bei einer Druckluftbremse entfällt dieses Rütteln, da keine Rückförderpumpen benötigt werden.

Erweiterte Funktionalität vom Anti Blockier System

  • Antriebsschlupfregelung

    Die Messung von Raddrehzahl und Radschlupf kann auch gleichzeitig für eine Antriebsschlupfregelung verwendet werden. Sinkt die Raddrehzahl im Vergleich zur Drehzahl der Antriebswelle unverhältnismäßig, ist das ein Zeichen für Radschlupf und das Durchdrehen der Räder beim Beschleunigen. Auch hier kann auf die Raddrehzahl einzeln eingewirkt werden (in diesem Fall über die Antriebssteuerung), um diesen unerwünschten Radschlupf zu verhindern.

  • Automatische Bremskraftverteilung

    Die automatische Bremskraftverteilung ist ein zusätzliches System, das bei einem modernen Anti Blockier System heute häufig automatisch mit eingebaut ist. Es verteilt die Bremskraft möglichst optimal auf Vorder- und Hinterachse. Bei der Druckluftbremse von LKWs war ein solches System immer schon vorhanden, es arbeitete aber mechanisch und damit nicht ganz so optimal. Moderne Bremskraftverteilsysteme bei der Druckluftbremse arbeiten heute elektronisch (EBV – Elektronische Bremskraftverteilung).

  • Anti Blockier System auf losen Untergründen

    Auf losen Untergründen, wie Schnee und Schotter, führt ein herkömmliches Anti Blockier System zu verlängerten Bremswegen. Um diesen Nachteil vor allem für Offroad-Fahrzeuge auszugleichen, wurde ein System geschaffen, das intervallartiges Blockieren zulässt, und diesen Nachteil damit auf losen Untergründen aufhebt. Bei glattem und festem Fahrbahnbelag bleibt diese Zusatzfunktion aber ausgeschaltet.

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